Kesselsdorfer: Mehr Boulevard – Mehr Straße. Ein Kompromiss. vom 12. August bis 06. Oktober 2024 wurde auf der Kesselsdorfer Straße zwischen Bünaustraße und der Rudolf-Renner-Straße ein Verkehrsversuch durchgeführt. Ich hatte hier im Blog darüber berichtet: Verkehrsversuch Kesselsdorfer – noch wenige Tage! und auch über die Hintergründe: Der 2. Bauabschnitt Kesselsdorfer Straße könnte schmaler werden und Kesselsdorfer: Mehr Boulevard – Mehr Straße. Ein Kompromiss.
Ziel des Versuchs
Beschlossen wurde der Versuch mit der Vorlage 1881/22 am 11.01.23 im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften. Nach langer Diskussion (siehe Niederschrift) hat man folgendes beschlossen:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften bestätigt die Änderung der Vorplanung Kesselsdorfer Straße zwischen Reisewitzer Straße und Rudolf-Renner-Straße gemäß Anlage 2 der Vorlage unter der Bedingung, dass im Rahmen eines Verkehrsversuchs, der bis zum 30. September 2023 durchzuführen ist, die Leistungsfähigkeit der Planung bestätigt wird. Der Grundquerschnitt im Abschnitt Wernerstraße bis Rudolf-Renner-Straße wird entsprechend Variante B der Vorplanung angepasst.
Die Vorlage 1881/22 hat lediglich die Planvariante von “A” nach “B” geändert, was die stadtauswärtige Fahrspur zwischen Wernerstraße und Rudolf-Renner-Straße betrifft. An der stadtwärtigen Verkehrsführung und der Sperrung für den Kfz-Verkehr im Bereich der Bünaustraße ändert sich nicht. Das war mit der Vorlage V2054/17 2018 beschlossen worden.
Die Stadt hat das auf der Projektseite das Projektziel des Verkehrsversuch wie folgt übersetzt:
Der Verkehrsversuch sollte die Leistungsfähigkeit einer gemeinsamen Fahrspur für Straßenbahn und Auto in stadtauswärtiger Richtung zwischen Werner- und Rudolf-Renner-Straße erproben.
Auswertung
Während des Versuchs wurden mehrere Zählungen durchgeführt. Die Auswertung wurde am 08.01.2025 im Stadtbezirksbeirat Cotta präsentiert. Die Präsentation dazu ist öffentlich zugänglich. Zu beschließen gab es dazu nichts.
Bemerkenswert fand ich:
- Es wurden 3.000 Radfahrende vs. 12.000 Kfz pro Tag gezählt . Ich hätte nicht erwartet, dass es so viele Radfahrende sind.
- 85% der Radfahrenden nutzten in stadtauswärtigen Richtung den Radfahrstreifen. Dieser Wert wird als sehr gut bewertet. Trotzdem frag ich mich, warum fahren die restlichen 15% auf dem Fußweg?
- Die Reisezeit für die Kfzs verlängert sich in der Rush-Hour am Nachmittag um ca. 49 Sekunden auf der Relation Reisewitzer-Straße – Wernerstraße. Bei den Straßenbahnen sind es sogar nur 7 Sekunden.
Kritik
- Während der Durchführung wurde Kritik geäußert, dass die Durchfahrt durch die Haltestelle Bünaustraße nicht beidseitig gesperrt wurde. Das war aber nicht notwendig, da nur die stadtauswärtige Richtung untersucht werden sollte.
- Zudem wurde kritisiert, dass nicht konsequent gegen das Durchfahren der Haltestelle in der gesperrten, stadtauswärtigen Richtung vorgegangen wurde. Das war zwar sehr interessant zu sehen, wie viele Autofahrende die Schilder ignorieren. Aber für die Auslastung des Abschnitts Wernerstraße bis Rudolf-Renner-Straße hatte das wenig Auswirkung.
- Kritik kam, dass nicht der komplette Bauabschnitt inkl. Ampelsteuerung und in beide Richtungen untersucht wurde. Das war aus meinem Verständnis aber nicht der Auftrag und wäre wesentlich teurer geworden.
Fazit
Der Versuch hat bestätigt, dass man in stadtauswärtiger Richtung mit einer kombinierten Fahrspur für ÖPNV und Kfz-Verkehr gut zurecht kommt. Das spart eine Spur, lässt den Fußweg auf dern nördlichen Seite groß und ermöglicht Bäume, Außenflächen, Kurzzeit-Parkplätze und Anlieferzonen.
Wie geht’s weiter?
Die Vorstellung der Auswertung wird noch im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften präsentiert. Dieser hat das ja beauftragt.
Anschließend würde die Planvariante B der weiteren Planung und Vorbereitung eines Planfeststellungsverfahrens zu Grunde gelegt.
Auf einen Blick in die “Glaskugel” wollte man sich in der Sitzung nicht einlassen. Zu unwägbar sind die Planungs- und Genehmigungsverfahren. Zudem ist zu gegebener Zeit eine Finanzierung notwendig. Und ob das Fass dann während der Planung durch die Politik nicht wieder neu aufgemacht wird, ist auch nicht ausgeschlossen. Siehe Königsbrücker Straße oder auch die wiederholten Versuche, die Zentralhaltestelle Kesselsdorfer doch noch für den Kfz-Verkehr zu erhalten.
Auf jeden Fall wird es noch einige Jahre dauern, bis der 2. Bauabschnitt auf der Kesselsdorfer Straße realisiert werden wird. Und damit werden wir noch lange auf funktionierende Radwege in diesem Abschnitt warten müssen.