Diese Woche gab es reichlich Aufregung um die Baumaßnahmen im Leutewitzer Volkspark, die die Stadt am 27.06.2014 in ihrer Pressemitteilung angekündigt hat. Immerhin 350.000 € gibt die Stadt aus Mittel des Stadtumbau Ost aus, um neue Wege anzulegen und die Böschungen abzusenken.
Die Sächsische Zeitung titelte am Freitag nach der Stadtratssitzung mit “Nie wieder Rodeln im Leutewitzer Park?“. Im Stadtrat war am Vortag, dem 10.07.2014 ein interfraktioneller Eilantrag abgewiesen worden, die die Baumaßnahmen aussetzen sollte und stattdessen in den Ausschüssen beraten wollte. Ausgelöst wurde der Eilantrag durch eine Unterschriftensammlung von Anwohnern, die gegen eine Umgestaltung des Parks sind.
Hat da jemand etwas verpennt? Wurde der Stadtrat übergangen? Sollen da einfach 350.000 € gegen den Willen der Bürger versenkt werden? Wird das Rodeln in Zukunft nicht mehr möglich sein?
Um diese Fragen zu beantworten, hat der Amtsleiter Detlef Thiel vom Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft (ASA) Vertreter der Stadtratsfraktionen heute eingeladen um sich die Pläne vor Ort anzuschauen. Von SPD, Linke und CDU waren Vertreter anwesend. Für die Grünen war ich dabei. Die eingebundenen Fachämter (Untere Denkmalschutzbehörde), die Planer und die zukünftigen Bauleiter waren auch anwesend.
Der Volkspark Leutewitz wurde 1911 eröffnet. Die Idee war noch viel älter. So sprach man schon während der Eingemeindung Leutewitz nach Dresden 1903 von der Errichtung eines West-Parks. Sogenannte Volksparke entstehen in dieser Zeit in ganz Deutschland in den großen Städten, um in den dicht-besiedelten Arbeiterstadtteilen eine Naherholungsfläche zu schaffen, die weniger zum Flanieren als zum Sporttreiben und Erholen angelegt war (Volksparkbewegung).
Im Original bestand der Volkspark Leutewitz nur knapp 10 Jahre. Dann hat man die ursprünglich, linear abfallende Ebene aufgeschüttet und zwei flache Plateaus geschaffen. Genutzt wurde dieses wohl zunächst von anliegenden Schulen als Sportfläche. Heute ist der Volkspark “einzigartig” in Dresden.
Bis vor 5 Jahren kümmerte man sich wenig um den Volkspark. Dann hat den Park der Freundeskreis Cotta zu seinem Projekt erklärt und Pläne für die Sanierung der maroden Wege wurden begonnen. Zum 100-jährigem Jubiläum konnte das ASA bereits die heutigen Pläne zum Parkfest vorstellen. Im Juni 2012 wurden die Pläne auch im Ortsbeirat vorgestellt. Eine Finanzierung war aber zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht gesichert.
Unstrittig war in der heutigen Runde, dass die Wege dringend in Stand gesetzt werden müssen. Bei Starkregen werden die aktuellen Wege immer weiter ausgewaschen und das Regenwasser ist schwer in den Griff zu bekommen und fließt dann ggf. auch unkontrolliert in die darunter liegenden Kleingartenanlagen. Diese Maßnahme kostet den Großteil der Bausumme nämlich allein 300.000 €. Dazu werden mehr seitliche Abflüsse geschaffen und Sickergruben angelegt, damit das anfallende Wasser langsam versickern kann. Die Wege werden mit einer wassergebundenen Decke mit organischen Material ausgeführt, welches eine besser Wasserdurchlässigkeit haben soll.
Das absenken der Böschung ist ein Kompromiss zwischen Denkmalschutz und aktueller Nutzung des Volksparks. Der Plan ist, die obere und mittlere Böschung abzuflachen und die untere Böschung zu entfernen. Das Erdreich wird dabei nicht entfernt sondern nur von unten nach oben verlegt. Am unteren Ende des Parks wird auch eine Art “Regenrückhaltebecken” gestaltet, was bei Starkregenereignissen das Wasser aufhalten soll.
Bestehen bleibt die obere, gerade Spiel- und Liegewiese. Rodeln kann man dann in Zukunft oben und in der Mitte. Verschiedene Schwierigkeitsgrade wird es vermutlich auch geben.
Die Blickbeziehung in die Stadt wird dann leichter wieder möglich sein. Auf der mittleren Böschung werden ein paar wenige Bäume gefällt. Ganz am Ende des Parks werden Bäume nicht nachgesetzt. So wird es wohl zumindest im Winter möglich sein, die Innenstadt zu sehen.
Danach wird es auch weitergehen im Volkspark. Irgendwann werden die Alleebäume nachgesetzt, die beidseitig die Wege umschlossen haben. Das ist aber Zukunftsmusik und nicht im aktuellen Budget enthalten.
Und hat man die Anwohner nun vergessen? Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung sind sich da keiner Schuld bewusst. Man hat eng mit dem Freundeskreis Cotta zusammengearbeitet, die Anwohner über das Parkfest informiert, den Ortsbeirat informiert und auch die Presse hat mehrfach darüber berichtet (z.B. DNN 2011). Und doch kann man da sicherlich noch etwas verbessern, damit es erst gar nicht zu solch einer Aufregung kommt.
Und der Stadt- und Ortsbeirat? Diese müssen sich mit solch “kleinen” Dingen eigentlich nicht beschäftigen. Das regelt die Hauptsatzung der Landeshauptstadt Dresden. Hier steht, dass die Oberbürgermeisterin für Baumaßnahmen bis 1 Mio € entscheiden kann (§28 8.).
Gebaut wird übrigens bald. Die Aufträge sind erteilt und das Wetter sollte mitspielen, sonst wird das eine schlammige Angelegenheit. Der Park wird auch in dieser Zeit zugänglich sein. Die Bautstelle wird jeweils mit Bauzäunen abgesperrt. Bis zum Winter soll die Abflachung der Böschungen erledigt sein, so dass dem Rodeln nichts im Wege steht.
Die Anwohner sollen während der Baumaßnahme eingeladen werden um sich über die gesamte Maßnahme zu informieren. Das sollte man dann aber bitte auch nicht vergessen.
Mehr dazu:
- Pressemitteilung der Stadt vom 27.06.2014
- SZ vom 11.07.2014 “Nie wieder Rodeln im Leutewitzer Park?” (SZ exlusiv)
- SZ vom 15.07.2014 “Leutewitzer Park wird abgebaggert” (SZ exlusiv)
- SZ Kommentar vom 15.07.2014 “Fördergeld darf nicht verfallen” (SZ exlusiv)
- Öffentliche Niederschrift der Sitzung des Ortsbeirats vom 06.07.2012
- SZ vom 23.07.2014 “Rodelpisten im Leutewitzer Park bleiben” (SZ exlusiv)
Die Nachricht das im Leutewitzer Park die Rodelbahn wegfallen soll hat mich sehr verärgert. Aber nach diesem Beitrag sieht es schon wieder viel besser aus. Unsere Horteinrichtung sowie die Bürger aus Leutewitz gehen seit vielen Jahren in den Leutewitzer Park zum Rodeln, Spielen und Spazieren. Gerade in den letzten 5 Jahren hat der Park wieder an Zuspruch gewonnen. Ich hoffe die Bürger und umliegenden Kindereinrichtungen werden noch mehr mit einbezogen. Ich könnte mir auch einen festen Grillplatz (zurzeit wird oft illegal gegrillt) und noch eine Skaterbahn für unsere 9 bis 14 Jährigen vorstellen.
Viel Erfolg weiterhin und viele Grüße
S.Kugler
Ich habe jetzt noch das Protokoll der Ortsbeirratssitzung vom Juni 2012 gefunden und verlinkt. Da war ich ja leider nicht anwesend, drum hatte ich das Thema gar nicht so im Blick.
Die Nutzung des Parks haben sich die Planer ziemlich genau angeschaut. Den Eindruck hatte ich zumindest. Das Rodeln wurde z.B. schon die ganze Zeit berücksichtigt. Der lange, gezeichnete Plan war wohl auch im Juni 2012 schon dabei.
Aber Sie haben natürlich recht: man kann die Anwohner und Nutzer tatsächlich noch besser informieren. Nicht jeder war beim Parkfest 2011 und bekommt gar mit, was im Ortsbeirat besprochen wird. Mit dem großen Interesse hat aber “im Amt” dann doch niemand gerechnet.
Ja, und das Grillen… wollte ich in dem Zusammenhang gestern nicht ansprechen. Erstmal wird es wohl beim illegalen Grillen bleiben. Aber die Parkgestaltung ist dann ja nicht zu Ende und für alle Zeit vorbei.
Die SZ-Artikel sind ohne Bezahlung nicht zugänglich, daher finde ich die Verlinkung (zumindest ohne zusätzlichen Kommentar) etwas ungünstig.
Schön, dass hier endlich was passiert, auch wenn ich kein Freund von Baumfällungen bin.
Danke für den Hinweis. Ich habe dahintergeschrieben, dass das “SZ exlusiv” ist. Es gibt die Artikel leider nicht frei zugänglich. Aber dafür gibt’s ja u.a. diesen Blog 🙂
Die SZ hat das auch über die Begehung am 23.07.2014 im Dresden-West-Teil berichtet. Online leider nur als SZ-exlusiv-Artikel:
http://www.sz-online.de/nachrichten/rodelpisten-im-leutewitzer-park-bleiben-2887963.html (SZ exlusiv)